Die Prager Metro hat in den letzten Monaten einige Veränderungen erlebt. Der Pid hat vor gut einem Jahr ein umfassendes Konzept für das Rebranding der Metro und eine umfassende Erneuerung des Wayfinding-Systems angekündigt. Das System soll moderner und übersichtlicher gebracht werden. Und hey, was damals gezeigt wurde sah echt gut aus: Eine moderne Weiterentwicklung der alten Designsprache lies die Stationen fast schon futuristisch wirken. Jetzt hat man sich an die umfassende Überarbeitung der Liniennetzpläne gewagt, und, holy crap, konnte die hohen Erwartungshaltungen definitiv nicht erfüllen.
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Am 1. November 2023 zeigt der Prager Verkehrsverbund seine neuen Karten auf X (ehemals Twitter) und kündigt in einem Blogbeitrag eine "Testphase" ein. Dort schreibt man:
"ROPID wird die neuen Grafiken in U-Bahn-Waggons anhand von Nutzerbefragungen direkt in einzelnen U-Bahn-Zügen testen, bei denen wir die Lesbarkeit und Verständlichkeit mit den Menschen überprüfen"
Beginnen wir mit der klassischen Metrokarte:
Was sofort ins Auge springt: Statt einem weißen, hat man sich nun für einen schwarzen Hintergrund entschieden. Die gelbe Linie B hebt sich nun besser vom Untergrund ab. Das ist aber wohl auch der einzige Vorteil: Die Moldau sticht nun viel zu sehr heraus und lenkt vom eigentlichen Inhalt ab. Beschriftungen wie Staroměstská oder Národní třída welche über den Fluss ragen und farblich verschmelzen, sind nahezu unleserlich. Generell wird die Lesbarkeit, insbesondere aus weiten Entfernungen durch den schwarzen Hintergrund und kleine Beschriftungen erschwert.
Hier können Sie sich zwei bearbeitete Versionen der Karte anschauen. Während beim alten Diagramm nahezu alles lesbar ist, sind im neuen Plan einige Beschriftungen nicht einmal ansatzweise mehr zu entziffern, auch für die anderen muss stark gezoomt werden.
Fahren wir fort mit den grundlegenden Designentscheidungen:
Während die alte Karte locker in der Mitte des Papieres schwebt, wirkt die neue Version sehr gequetscht und überfüllt obwohl sie die gleichen Informationen zeigt. Die Karte wurde an der y-Achse stark gestaucht um Platz für den seperaten Centrum-Auschnitt zu machen. Dieser hingegen scheint nur nötig weil die Hauptkarte, auf Grund des Stauchens, im Innenbereich sehr zusammengequetscht ist und nicht viel Platz für die Inhalte lässt. Es ist absolut lächerlich bei so einem kleinen unkompliziertem Netz auf einzelne, externe Vergrößerungskarten zurückzugreifen. Zumal er nicht einmal mehr Informationen enthält als die ungezoomte Version.
Ungewöhnlich ist auch die Anordnung der Linien. Es ist zwar schön zu sehen das einige Linien, insbesondere außerhalb des Stadtzentrums begradigt wurden um unnötige Knicke zu vermeiden, aber statt auf klassische 45° und 90° Winkel zu setzen, hat der Designer überall andere Winkel verwendet. Warum? Am unnötigsten ist wohl der Knick auf der Linie A nördlich der Station Malostranská. Oder die leicht schrägen Straßenbahnstrecken nach Dědina und Sídliště Řepy. Auch auf einen einheitlichen Kurvenradius konnte man sich nicht festlegen. Vergleichen Sie zum Beispiel die Knicke in Anděl und Radlická. Es ist so unnötig das es fast schon erscheint als hätte der Designer einfach schlampig oder unter Zeitdruck gearbeitet.
Nicht bis zum Ende gedacht sind auch die Beschriftungen: Besonders im Stadtzentrum überschneiden sie teilweise sehr oft andere Linien und sind mangels Kontrast sehr schwer zu lesen. Auch die Abstände und Ausrichtungen sind schlecht gewählt (Zličín ist z.B. sehr dicht am zugehörigen Stationspunkt; Außerdem ist es links statt zentriert ausgerichtet was dank der nur minimalen Ausrichtungen schlampig aussieht) und uneinheitlich (Warum ist Zličín und Černý Most über- bzw, unterhalb angebracht, Letňany und Háje hingegen seitlich?) Außerdem hat man sofern wie auch nur irgendwo mögich Zeilenumbrüche vermieden. Dadurch verschmelzen einige Stationsnamen wie z.B.: Nové Butovice Jinonice) . An einigen Stellen gibt es Probleme mit der Unterscheidung zwischen Stationsnamen und Stadtteilbeschriftungen. Die der Straßenbahn sind einfach viel zu klein.
Der letzte große Kritikpunkt ist die Verwendung der Symbole. Am lächerlichsten sind wohl die Indikatoren für Barrierefreiheit: Statt intuitiven Rollstuhl-Piktogrammen verwendet man nun ominöse Striche innerhalb der Stationspunkte um nicht vorhandene Barrierefreiheit zu markieren. Das mag designtechnisch vielleicht visuell ansprechender sein, ist praktisch aber ziemlich unvorteilhaft. Umso mehr der Betrachter in die Legende schauen muss umso schlechter der Plan! Bei der Standseilbahn auf den Petřín verwendet man nun auch eine Linie bestehend aus nichtssagenden Dreiecken welche einen Blick in die Legende macht statt dem alten direkt verständlichen Piktogramm. Einfach unnötig.
Werfen wir nun noch einen Blick auf die neuen Perlenschnüre welche in Türnähe innerhalb der Fahrzeuge angebracht sind:
Quellen:
Gorge auf Twitter: https://twitter.com/JorgeZng/status/1719683280423821658 (04.01.2023)Um ehrlich zu sein: Die neue Version ist schrecklich. Das größte Problem liegt wohl darin das die Linien B und C komplett anders angeordnet sind. Die Linie C wurde gar komplett gespiegelt. Vor allem so lange sowohl neue als auch alte Karten in den Fahrzeugen zu finden sind bringt das enorme Orientierungsprobleme mitsich. Der Innenraum ist jetzt kein Dreieck mehr sondern ein Viereck und dadurch die Linien schlechter zu verfolgen. Beschriftungen wurden gequetscht und die gleichmäßige Länge der Linien in der alten Karte wirkte viel sauberer und optisch ansprechender. Die neue Version ist in fast allen Punkten eine deutliche Verschlechterung. Der bessere Weg wäre gewesen sich an der alten Karte zu orientieren und diese lediglich an das neue Design anzupassen, statt alles von Grund auf neu zu gestalten. Sehr mangelhafte Arbeit!
Fazit: Grundsätzlich ist es zu begrüßen den inzwischen doch uralten Karten ein modernes, frisches Aussehen zu verpassen und so in das umfassende restliche (sehr gelungene) Wayfindingsystem zu integrieren. Leider wurde an vielen Stellen sehr schlampig gearbeitet und viele nur Dinge verschlechtert. Es muss dringend auf das Feedback der Fahrgäste eingegangen und die Karten stark überarbeitet werden. Insbesondere die Hauptkarte muss entstaucht und der separate Centrumsausschnitt entfernt werden, die Perlenschnüre müssen umfassend neu gestaltet werden um die Orientierung nicht komplett zu behindern! Die alten Karten dürfen ruhig als Vorlage dienen, viele Dinge waren dort doch sehr durchdacht.
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